Derzeit wird Ethereum von der US-Börsenaufsicht nicht offiziell als Wertpapier (Security) eingestuft. Ebenso wie Bitcoin wird Ethereum derzeit als Ware oder Rohstoff (Commodity) klassifiziert. Das bedeutet: ETH fällt derzeit nicht unter die rechtliche Zuständigkeit der SEC. Sollte Ethereum jedoch als Wertpapier eingestuft werden, würde es unter die Aufsicht der Wertpapierbehörde fallen.
Der SEC zufolge sollten alle Kryptowährungen, die über ein Proof-of-Stake-basiertes Konsensmodell verfügen, im Sinne des US-Wertpapiergesetzes reguliert werden. Rechtlich wäre dieses Vorhaben jedoch äußerst schwierig umzusetzen.
Als Hauptargument führt die SEC den sogenannten Howey-Test an, der ausschlaggebend dafür ist, ob ein Finanzprodukt in den USA als Wertpapier gilt.
Der Howey-Test ist eine vom Supreme Court festgelegte Rahmenbedingung, die regelt, inwiefern eine Transaktion als Kapitalanlage und damit als Wertpapier gilt.
Ist Ethereum ein Wertpapier?
Laut dem US-Wertpapiergesetz (Security Act of 1933), sind alle Herausgeber von Wertpapieren dazu verpflichtet, sämtliche Angebote oder Verkäufe von Wertpapieren bei der SEC zu registrieren. Die einzige Ausnahme gilt, wenn eine spezielle Genehmigung der SEC vorliegt.
Damit ein Vermögenswert in den USA als Wertpapier klassifiziert wird, müssen laut dem sogenannten Howey-Test folgende Kriterien erfüllt sein:
- Wird Geld investiert?
- Fließt das investierte Geld in ein gemeinschaftliches Unternehmen?
- Besteht eine Gewinnerwartung?
- Sind Dritte oder die Unternehmer selbst für das Erwirtschaften von Gewinn verantwortlich?
Nur wenn alle vier Punkte erfüllt sind, kann ein Vermögenswert, ein Investitionsertrag oder eine Transaktion in den USA als Wertpapier klassifiziert werden.
Doch im Fall von Ethereum legt die SEC den Howey-Test falsch aus. Zudem lässt die Behörde den grundlegenden Zweck des Wertpapiergesetzes, nämlich die Beseitigung von Informationsasymmetrien, außer Acht. Die SEC handelt daher nicht im Interesse der US-Bürger und versucht ihren Zuständigkeitsbereich zu überschreiten.
Anwendung des Howey-Tests auf Ethereum
Bevor Ethereum zu Proof of Stake gewechselt ist, war die US-Börsenaufsichtsbehörde der Ansicht, dass Ethereum den Howey-Test nicht bestehen würde. Durch PoS ist die Behörde nun allerdings der Meinung, dass Validatoren (Staking-Betreiber), die Definition eines Wertpapiers nach dem Howey-Test erfüllen könnten. Ihre Argumentation ist folgendermaßen aufgebaut:
- Ethereum-Validatoren investieren Geld, da sie ETH staken müssen.
- Validatoren verfolgen ein “gemeinsames Unternehmen”, da sie sich am Transaktionsvalidierungsprozess des Ethereum-Netzwerks beteiligen.
- Validatoren erhoffen sich Gewinne in Form von Staking-Belohnungen.
- Diese Gewinne stammen von Validatoren oder Dritten, die am Konsensmechanismus von Ethereum beteiligt sind.
Im ersten und dritten Punkt könnte die SEC Recht haben. Denn Staker benötigen tatsächlich Kapital, wandeln es in ETH um und zahlen es in einen Smart Contract ein (Geld wird investiert), wodurch sie sich erhoffen, mit Staking-Belohnungen entlohnt zu werden (Gewinnerwartung). Allein die Erfüllung dieser beiden Punkte reicht jedoch nicht aus, um laut des Supreme Courts der USA als Wertpapier klassifiziert zu werden.
Definitionsgemäß muss ein Wertpapier ein “gemeinsames Unternehmen”, also eine Unternehmung, bei dem das Vermögen eines Investors an die Anstrengungen und den Erfolg derjenigen, die die Investition tätigen (Validatoren), oder an die von Dritten (User) gebunden ist, beinhalten. Bei Ethereum ist das allerdings nicht der Fall.
Staking macht Ethereum nicht zum Wertpapier
Um ein Validator im Ethereum-Netzwerk zu werden, muss man 32 ETH in eine Smart-Contract-Adresse einzahlen. Diese Adresse wird von keiner einzelnen Institution kontrolliert. ETH-Validatoren sind somit zu jeder Zeit in vollem Besitz ihrer Ether.
Zudem lassen sich die ETH auch nicht von anderen für bestimmte Zwecke verwenden (Geld fließt nicht in ein gemeinschaftliches Unternehmen) und Validatoren können unterschiedliche Ziele verfolgen.
Vielmehr soll Staking als Konsensmechanismus die Ethereum Blockchain dezentraler und sicherer machen. Alle Validatoren können sich dabei autark und ohne Abhängigkeit von Dritten an diesem Prozess beteiligen.
Darüber hinaus stellt Staking sicher, dass Validatoren einen gewissen Einfluss auf das Netzwerk haben, sodass sie unehrliches Verhalten bestrafen können, um die Sicherheit der Ethereum Blockchain gewährleisten zu können.
Wenn sie ihre Aufgabe auf der Grundlage der Regeln des Netzwerks ordnungsgemäß erfüllen, erhalten sie eine Belohnung auf der Basis dieser Regeln und nicht aufgrund der Bemühungen eines anderen Validatoren (Gewinne stammen nicht von anderen Validatoren).
Außerdem haben einzelne Staking-Validatoren kein Anrecht auf einen bestimmten Gewinn, der von einem Unternehmen erwirtschaftet wird. Im Gegenteil, Staking-Belohnungen können für einzelne Validatoren unterschiedlich ausfallen und richten sich nach deren individuellen Leistungen.
Ob ihr Gewinn somit fällt oder steigt, ist nicht von den unternehmerischen Leistungen anderer Validatoren abhängig, da der Konsensmechanismus des Netzwerks dezentral ist und Validatoren autark organisiert sind.
Mit anderen Worten: Validatoren maximieren ihre Staking-Rendite, indem sie den größten Nutzen für das Netzwerk als Ganzes erbringen.
Anders sieht es natürlich aus, wenn ein bestimmtes Unternehmen, wie etwa eine Kryptobörse, Staking als Service für seine Kunden anbietet. Ein Gericht könnte auf Grundlage dessen zumindest einen Teilaspekt des Howey-Tests als erfüllt ansehen.
Die Belohnungen eines Validators werden größtenteils durch die Menge an ETH bestimmt, die er gestaked hat und durch die zufälligen Gelegenheiten, die er erhält, um einen Block zu validieren.
Beide Faktoren unterscheiden sich individuell bei jedem Validator und sind nicht von einer dritten Partei abhängig. Mit anderen Worten: Die ETH-Staker behalten die Möglichkeit, die Rentabilität ihrer Investition zu kontrollieren.
Bei vergangenen Gerichtsurteilen in den USA war dieser Umstand maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Anwendung des Wertpapiergesetzes für unnötig erklärt wurde, da im Vergleich zu Wertpapieren wie Aktien keine Abgabe von Kontrolle oder Eigentum an Dritte stattgefunden hat.
Kryptobörsen könnten unter die Aufsicht der SEC fallen
Es ist aus diesen Gründen äußerst unwahrscheinlich, dass die US-Börsenaufsicht vor Gericht Recht bekommt, wenn es darum geht, privates oder dezentrales Staking zu Wertpapieren zu erklären.
Anders dürfte es sich bei zentral organisierten Anbietern wie den Kryptobörsen Coinbase, Binance, Celsius und Co. verhalten, die ihren Kunden Staking-Services anbieten, bei denen Einzelne die Kontrolle ihrer Einlagen abgeben müssen.
Daher sollten diese Unternehmen unter das Wertpapiergesetz der SEC fallen, da so verhindert werden könnte, dass sie die Gelder ihrer Kunden für andere Dinge missbrauchen.
Krypto-Regulierung mit Augenmaß entscheidend
Durch die richtige Regulierung von zentralen Krypto-Unternehmen, deren Machenschaften oftmals nicht der Offenlegungspflicht unterliegen, hätte man in der Vergangenheit tausende von Kunden vor dem Verlust ihres Kapitals schützen können.
Wenn man sich jedoch Personen anschaut, die eigene oder ausreichend dezentrale und transparente Validatoren betreiben, dann wird klar, wie absurd die Anwendung des Wertpapiergesetzes auf ETH-Staking in den USA ist.
Wären Validatoren dazu gezwungen, ohnehin öffentlich zugängliche Informationen mit anderen zu teilen? Welche Informationen müssten sie offenlegen? Wie würde das dazu beitragen, Informationsasymmetrien abzubauen und wie würde es dem öffentlichen Interesse dienen?
All diese Fragen verdeutlichen die fehlerhafte Logik vieler Befürworter des US-Wertpapiergesetzes in Bezug auf einige Kryptowährungen. Nicht die revolutionären, transparenten, sicheren und dezentralen Konsensmechanismen vieler Blockchain-Netzwerke sind die Risiken, um die sich die US-Aufsichtsbehörde kümmern sollte, sondern Kryptobörsen wie Coinbase, Binance, eToro und Co.
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